Immer an der Wand lang: Zach erobert die Welt

Foto: The Pink Stilettos

Penang ist nun schon meine dritte Station auf den Spuren dieses Litauers. Die erste hieß Ipoh. Ohne Ernest Zacharevic wäre ich nie auf die Idee gekommen, dorthin zu reisen. Obwohl Michelle Yeoh eine Tochter Ipohs ist, allein deshalb muss man den Ort mögen – eine Provinzhauptstadt in Malaysia, nicht allzu weit entfernt von Penang, der deutlich bekannteren Insel im Nordwesten des Landes. In Ipoh und anderswo bringt „Zach“, so seine Signatur, Kunst auf die  Straße, immer an der Wand lang.

ZACH in IPOH

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

ZACH in SINGAPUR

Im März 2016 lockte Zach mich nach Singapur. Bewaffnet mit einer Karte aus der „Bangkok Post“, die recht genau die Gebäude markierte, an denen der Künstler wirkte im Stadtstaat. Die Schnitzeljagd konnte beginnen. Leider litt die Karte unter einer marginalen Links-/Rechtsschwäche. So hielten wir, zur nur schwach unterdrückten Freude des Taxifahrers, eine Stunde lang auf der jeweils falschen Straßenseite Ausschau nach den Wandmalereien.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

ZACH in PENANG

Nun also Penang, genauer: Georgetown, die Inselhauptstadt. So nah war ich Ernest Zacharevic noch nie. Denn hier residiert er, hier fing alles an, hier hängen und stehen seine Bilder und andere Objekte im vergleichsweisen Kleinformat in einer eigenen Galerie, im Erdgeschoss des Eastern & Oriental Hotels.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Mary Magdalen führt die Galerie im Auftrag des Meisters. Und so frage ich Mary, ob ich vielleicht den jungen Mann (geb. 1986) persönlich kennenlernen könne. „Leider nein“, entgegnet sie, „im Moment müsste er in, warten Sie, wo ist er denn gerade…“ Sie kokettiert keineswegs. Zach ist mit bloßem Auge kaum noch zu verfolgen – weltweit warten die Wände inzwischen darauf, vom Pinselschwung seiner sicheren Hand veredelt zu werden.

Zach in Island

Die Auftraggeber sitzen in Miami, Los Angeles, New York, Norwegen, Polen, Portugal, Hawaii, Barcelona, Malaysia, ja sogar in Litauen! Ein rasanter Aufstieg, in nicht einmal fünf Jahren.

Zach und Penang: Win Win

„Kids on a bicycle“ – die Menschen stehen Schlange, um Teil des Werkes zu werden (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

2012 erhielt Zacharevic von den Organisatoren des George Town Festivals den Auftrag, aufmerksamkeitsstarke Bilder an Häuserwände zu drapieren. In  den neun Wandmalereien, meist Kindermotive, verwendete der Maler auch reale Objekte, ein Fahrrad, ein Motorrad, einen Stuhl, was den Porträts letztlich noch eine 3D-Anmutung gab. Zur Überraschung aller Beteiligten fand die künstlerische Kampagne global Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Seither kommen in Penang alljährlich neue Straßenkünstler hinzu, neue Ideen, neue Motive. Und neue Touristen. Georgetown, seit 2008 UNESCO Weltkulturerbe, setzt mit Erfolg auf konservierte Historie – wovon die Stadtväter von Bangkok oder Phnom Penh nichts wissen wollen. Die reißen Bewahrenswertes ab und setzen auf Profitarchitektur: Hotel- und Apartmenttürme, Einkaufszentren.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

 Auf runden Füßen durch die Altstadt

Altstadt von Georgetown (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Und wieder kaufe ich eine spezielle Karte, um Penangs Artefakte auch zu finden. Inzwischen sind es deutlich mehr als 40. Längst nicht alle sind eingezeichnet, manche finde ich durch Zufall, andere gar nicht. Die eifrigsten Schatzjäger erkennt man daran, dass ihre Augen die Häuserwände abtasten und ihre Füße die Schlaglöcher. Doch der Fußweg lohnt sich, denn viele der Motive sind witzig, hintersinnig, eindringlich.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff
Foto: D & D

Zu Fuß oder mit der Rikscha

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Wer nicht per pedes durch die Gassen wandeln will, setzt sich in eine der alten Rikschas, bequem und langsam genug, um die Lein-Wände zu erspähen. Ich ziehe es vor, mir die Füße rund zu laufen.

Da nahe meinem Hotel „Blue Mansion“ gelegen, starte ich in der Muntri Street, biege rechts ab in die Love Lane, es folgen Cannon Street, Chulia Street, Armenian Street. Eine Zeit lang irritieren mich die häufigen, per Pfeil in diverse Richtungen weisenden Schilder „Jalan Sehala“. „Jalan“ heißt Straße; diese muss ziemlich groß sein, denke ich. Doch auf der Karte suche ich sie vergebens. Die Lösung ist relativ einfach: Jalan Sehala heißt Einbahnstraße. Reisen bildet.

Georgetowns Open-Air-Galerie

Drastische Aussagen sind selten auf den Wandmalereien – der Künstler „Cloakwork“ aber zeigt, was er von Rauchern hält (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Am Rockzipfel des Erfolges hängen die Epigonen und Vermarkter. Penangs Grand Swiss Hotel klatscht Mr. Bean an die Wand; die „Kids on a bicycle“ radeln auf T-Shirts.

Cartoons aus Draht

Inzwischen bereichert eine weitere Kunstform Penangs Freiluftgalerie: Cartoons aus Draht, Alltagsszenen, spielerisch umgesetzt mit sperrigem Material.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Bruce Lee und das Salz des Meeres

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Selbst Kampfkunst-Ikone Bruce Lee kann nichts ausrichten gegen Monsunregen, salzige Meeresluft und Autoabgase. Einige der Wandbilder sind inzwischen verblasst oder ganz verschwunden, Bruce Lees Reste wehren sich noch standesgemäß in Kung-Fu-Manier. Einer schönen Frau hingegen nehmen auch Risse in der Mauer nichts von ihrer Magie.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Fotos: Faszination Fernost/Bernd Linnhoff, Homepage Ernest Zacharevic (3), D & D (1), The Pink Stilettos (1)

Karten: Malaysia Maps

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