Aber bitte mit Sahne

Das Auge ist des Menschen verführbarster Sinn. So entstand die Restaurantkette der Hooters. Die Damen bewegen sich so geschmeidig wie Cheerleader, Lächeln ist Pflicht, und ihre Figur darf nicht zu windschlüpfrig sein. Die Dienstkleidung gibt gar nicht erst vor, vom Wesentlichen ablenken zu wollen: enge, orangefarbene Shorts, Sportsocken, Turnschuhe, ein weißes, oft tief ausgeschnittenes Tank-Top mit aufgedruckter Eule. So ist den Restaurants, in denen die Hooter-Girls – zur Übersetzung kommen wir später – kellnern, ein überwiegend männliches Publikum gewiss.

Die ersten Hooters-Läden gab es bereits 1984 in den USA; inzwischen hat es die Kette dank zuversichtlicher Franchise-Nehmer auch nach Asien geschafft. Gleich zweimal nach Bangkok, aber auch ans Ufer des Singapore River, an den Clarke-Quay, einen Hafen mit angeschlossener Trink-, Fress- und Tanzmeile. Im Schutz der warm beleuchteten abendlichen Dunkelheit tafeln hier die Menschen in Scharen. Im gleißenden Sonnenschein des Sonntagnachmittags, zur Zeit meines Besuches, wirkte der Kai eher kalt und abweisend.

Nicht so die Singapore Hooters.

Meine Einstiegsfrage ergab sich aus meinen geschmacklichen Vorlieben: „Haben Sie ganz normale Eiskrem?“ „Das Eis des Tages, heute Mokka-Chips und Vanille“, lautete die Antwort. „Dann hätte ich gerne je eine Kugel, mit Sahne bitte“, sagte ich und suchte mir einen Platz direkt am Fluss. Fürsorglich geleitet von einem bzw. einer Hooter – diese Gattung ist in deutscher Sprache schwer zu fassen.

Nach zehn Minuten kam ein(e) Hooter lächelnd zu mir und fragte: „Wollten Sie das Eis des Tages oder Vanille?“ „Beides, mit Sahne.“ „Danke.“ „Gerne.“

Fünf Minuten später tänzelte erneut ein Hooter-Girl in meine Richtung und brachte mir – ein Bier. Frisch gezapft. „Sorry“, sagte ich, „aber ich hatte mit Sahne bestellt.“ Leise Panik umwölkte ihre Augen, doch vom Nebentisch dröhnte ein freundlicher Bass: „Das Bier ist für mich.“

Es dauerte nicht länger als vier Minuten, da rückte der/die dritte Hooter vom Stab heran und fragte: „Sie haben Ihr Eis mit Sahne bestellt, richtig?“ „Schon zwei Mal.“ „Sie wollen also zwei Portionen Sahne?“ „Eine auf jede Kugel.“ „Das ist leider keine übliche Bestellung“, flötete sie, „ist es okay, wenn wir Ihnen dafür jeweils 90 Cent berechnen?“ „Ja.“

Acht Minuten gingen ins Land bzw. in die Stadt, und – zack – war das Eis da. Braun und weiß, auf zwei Tellern. Auf dass sich nicht mische, was getrennt gehört. Auch die verschiedenen Ethnien Singapurs wohnen schließlich in separaten Vierteln, Little India, Arab Quarter, Chinatown. Aber in friedlicher Koexistenz.

„Und übrigens“, sagte die Hooterin, „die Chefin hat sich das nochmal überlegt, wir berechnen Ihnen die Sahne doch nicht.“

Nein, ich habe es nicht vergessen, und mich interessiert es ja auch: Was bedeutet eigentlich Hooters? Nach Angaben der Ketten-Gründer spielt der Name auf den Ruf der Eule an: „Hoo“. Die deutsche Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch allerdings ziert sich weniger. Hooters ist die Vulgärbezeichnung der weiblichen Brust und bedeutet laut englisch-deutschem Internet-Wörterbuch schlicht Titten. Ich kann`s nicht ändern. Wahlweise auch Hupen. Wer dies bezweifelt, klicke hier.

P.S. Zurück zum Hotel nahm ich ein Taxi. Alle Taxifahrer Singapurs, so heißt es, seien im Besitz eines Navigationsgerätes. „Hotel Wanderlust, Little India“, bedeutete ich dem Fahrer. „Okay, okay“, gab er zurück, „Hotel Wanderlust, tolles Hotel.“ An der zweiten Ampel fragte er mich: „Geradeaus oder links?“ „Keine Ahnung.“ „Es gibt nämlich zwei Wege dahin.“ „Nehmen Sie den, der Ihnen am sympathischsten ist.“

Der Rest der Strecke erschien mir völlig fremd.

Drei Minuten später setzte der Fahrer mich ab.

Am Hotel Rendezvous.

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