This is Thailand: Khun Ben, take good care of her!

Geschafft vom Hindernisparcours, den eine Lanna-Hochzeit für den Bräutigam vorsieht, saß ich nun endlich neben der Braut. Dann tauschten wir die Ringe. Ein bewegender Moment, nicht nur für Toey und mich.

Aber verheiratet waren wir immer noch nicht.

Die Ereignisse der nun folgenden Stunde sind mir vor allem deshalb präsent, weil es davon Bilder gibt. An diesem Morgen aber bekam ich nicht allzuviel davon mit. In der Flut der Gefühle versuchte ich, den Kopf über Wasser zu halten und den Ablauf einer mir komplett unbekannten Zeremonie nicht entscheidend zu stören.

Zunächst dankten wir Verwandten und Freunden für ihre Liebe und Unterstützung.

Die Trauung

Anschließend trat der eigentliche Zeremonienmeister in Aktion, ein Mann von der Universität Chiang Mai, dessen genaue Profession ich nicht kenne. Auf jeden Fall gehört der Herr zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies: Nur wenige können heute noch eine Trauung nach Lanna-Art zelebrieren.

Er sprach mehrere Minuten, stärkte unsere Verbindung durch ein weißes Band und rituelle Handreichungen. Ich habe kein Wort verstanden, bin aber nun, so wurde mir versichert, verheiratet. Nicht von Rechts wegen. Aber gefühlt war es doch mehr als nur Folklore. Im Auditorium wurde es still in diesen Minuten. Besonders bei Toeys Freundinnen floss manche Träne, vielleicht hier und da verbunden mit dem innigen Wunsch, auch mal vorne zu sitzen.

Das Anbändeln

In der Folge hieß das Motto „Interaktiv!“ Unsere Freunde durften auch mal ran und schnürten weiße Bänder um unsere Handgelenke, bei Toey ums linke, bei mir ums rechte – auf dass unser aller freundschaftlicher Bund noch enger und nachhaltiger werde. Welch schöne Geste!

Die Rederei

Was wäre eine Feier ohne Reden? Vor allem kürzer. Aber auch weniger unterhaltsam. Freund Disco schilderte zum Vergnügen der Zuhörer u. a., wie Toey und ich uns vor knapp drei Jahren kennenlernten und welche Rolle Whiskey dabei spielte. Toeys Freundin Tukki hingegen war, auf Thai natürlich, offensichtlich sehr gefühlvoll unterwegs – das zumindest sah ich in den Augen meiner frisch Angetrauten.

Als ich Tukki dankte, flüsterte sie mir unter Tränen ins Ohr: „Khun Ben, take good care of Toey, she´s a good woman.“

In diesem einen, berührenden Satz steckt sehr viel Thailand. Für die pragmatischen Thais zählen Taten mehr als Worte. Daher unterscheiden die Frauen zwischen Süßholzrasplern („pak waan“, was eigentlich „süßes Gemüse“ bedeutet) und denen, die durch Taten überzeugen. Oder Großzügigkeit auf dem weiten Feld des Pekuniären. Folglich wiegt „I take care of you“ deutlich schwerer als die Aussage „I love you“, mit der wir Westler so gerne in den Ring steigen. Kostet ja nix.

Die Anrede Khun mäandert zwischen unserem Sie und Du und gilt auch zwischen Freunden als Zeichen des Respekts. Harmonie ist den Asiaten Bedürfnis, Hierarchie das Seil, an dem sie sich entlanghangeln. Beruf, Position, Einkommen, gesellschaftliche Stellung, Alter, Verwandschaftsgrad und mehr definieren, wer wo einzuordnen ist. Klare Rollenverteilung gibt den Thais Sicherheit im alltäglichen Umgang und den Ausländern die gerne und oft genutzte Chance, jederzeit auf eine kulturelle Tellermine zu trampeln.

Die Silbe Pi, das sei noch angefügt, bezeichnet in der Anrede jemand Älteren, der/die aber noch halbwegs zur selben Generation gehört. Meine Frau wird von knapp jüngeren Freunden und Bekannten Pi Toey gerufen. Der Gnade der frühen Geburt verdanke ich das zweifelhafte Vergnügen, von ansonsten sympathischen Thais „Lung“ gerufen zu werden, „alter Onkel“.

Die Mannschaftsfotos

Gastgeber Thailand

Rest der Welt

Nachspiel 1: Der Lanna-Markt

Zum Abschluss eines sehr intensiven Vormittags zauberte das Monfai Cultural Center diverse Köstlichkeiten auf die Stände eines traditionellen Lanna-Marktes.

Nachspiel 2: Blüten und Scheine für die Liebe

Brautpaar und Verwandschaft besiegelten den Bund in einem speziell dafür hergerichteten Hochzeitszimmer. Die auf dem Bett verstreuten Blüten symbolisieren eine stetig blühende Liebe, die locker daneben drapierten Banknoten (unverzichtbares Ritual!) verheißen künftigen Wohlstand, wenn nicht Reichtum. Kleine Scheine plus ein paar Münzen, im Idealfall zusammen 999 Baht. Denn die 9 ist Thailands Glückszahl.

Warum sind dann auf dem Foto keine Banknoten zu sehen? Am frühen Morgen hatte ich Noten und Münzen erst mehrfach abgezählt und dann in unserem Zimmer vergessen. „So ist er immer schon mit Geld umgegangen“, sagte mein Bruder zu Toey. Sie schmunzelte. Doch davon ließ ich mich nicht täuschen. Denn wie sagt mein Freund und Asien-Experte John Fengler? „Die Thais haben ein Lächeln für jede Emotion.“

Fotos: Studio Poplove, Klaus Hoeltzenbein

Heiraten in Thailand, Teil 1: Hochzeit auf Lanna-Art
Heiraten in Thailand, Teil 2: Der große Tag beginnt im Chaos
Heiraten in Thailand, Teil 4: This is Thailand – magisch bei Nacht