Das Vermächtnis des letzten Mandarins

Blue Mansion Penang Malaysia Faszination Fernost
Blue Mansion Penang (Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff)
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Sehen so Sieger aus? Cheong Fatt Sze schaut in die Kamera. Für Männer wie ihn haben die Amerikaner die Bezeichnung „bigger than life“ erfunden. Bettelarmer Auswanderer, Wasserträger, Tycoon, Diplomat, Minister, Weinexperte, Menschenfreund, Kaiser-Berater, acht Mal verheiratet – und das ist nur der Holzschnitt eines langen Lebens.

Von 1897 bis 1904 ließ Cheong das „Blue Mansion“ bauen in Penang – es wurde seine Lieblingsresidenz, hier wohnten die Ehefrauen 3, 6 und 7. Sechs seiner Söhne wuchsen auf in diesem Haus.

2006 öffnete das indigoblaue Gebäude in der Leith Street seine Türen für zahlende Gäste – seither ist das Hotel eine Ikone Penangs.

Hotel Blue Mansion Penang Malaysia Faszination Fernost
Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff

Vom Viehhüter zum „Rockefeller des Ostens“

Cheong wurde 1840 im chinesischen Guangdong geboren, als Sprössling einer armen Hakka-Familie. Er arbeitete früh als Viehhüter, ehe er sich mit 15 Jahren den zahllosen Auswanderern anschloss, die in den britischen Kolonien Südostasiens der Armut entkommen wollten. Wasserträger und später Ladenbesitzer in Jakarta, erste Heirat, Handel mit Tee, Pfeffer, Kautschuk – Cheong war einer von vielen Chinesen, die mit kaufmännischem Gespür und nimmermüdem Fleiß ein Vermögen schufen.

Es war eine Sache, viel Geld zu verdienen und eine andere, den Wohlstand zu erhalten und zu mehren. Mit dem Kauf einer Bank legte Cheong den Grundstein für ein Imperium, das ihm den Namen „Rockefeller des Ostens“ eintrug. Er wurde Chinas Konsul auf der malaysischen Insel Penang und Berater des Kaisers von China.

Feng Shui und Fliesen aus England

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Streng nach Feng-Shui-Prinzipien konstruiert, sollte das Blue Mansion mit der Energie von Wind und Wasser mehr Wohlstand anziehen und zugleich planlos umher irrende Energien davon abhalten, das bereits erworbene Vermögen zu verblasen.

Jedes Detail des Gebäudes stärkte den Fluss von Harmonie und Geld, bis hin zu den Münzen, die in jeder Hofecke vergraben wurden.

Das Porzellan kam aus Fujan, die Fliesen per Schiff aus Stoke-on-Trent, aus Schottland die gusseisernen Baluster. Zur Sicherheit kaufte der Chinese auch noch das Grundstück gegenüber, damit nicht irgendwann eine T-Kreuzung gebaut wurde und den Strom positiver Energie behinderte.

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Sorgfalt und Weitsicht zahlten sich aus für Cheong. Das galt bis zu seinem Tod 1916 auch für das Haus, ehe eine wechselvolle Geschichte in Zerfall und Hausbesetzung kulminierte. Besorgte Einheimische rund um Architekt Laurence Loh kauften die Ruine in den späten Neunzigern und restaurierten sie mit Leidenschaft fürs Detail und Originalmaterialien. Historie und Moderne in Architektur und Design bruchlos zu versöhnen, das ist eine reine rare Kunst in Südostasien und nicht nur dort. In jüngster Zeit wurden die 18 Zimmer renoviert, erhielten neue Betten und Badezimmer, ein Swimmingpool kam hinzu.

Eine Freude für die Augen

In meinen drei Tagen in Penang wollte ich in drei unterschiedlichen Hotels übernachten – Futter für meinen Blog. Das Eastern & Oriental Hotel direkt am Meer war meine erste Station, das gerade mal acht Gehminuten davon entfernte Blue Mansion die zweite. Die dritte Unterkunft habe ich ersatzlos gestrichen; ich blieb im Blue Mansion, es war zu schön, und Pläne sind dazu da, umgeworfen zu werden.

Zwar musste ich zur zweiten Nacht das Zimmer wechseln, aber das war eher ein Privileg. Denn das zweite fand ich noch gelungener komponiert als das erste.

WiFi und andere Kleinigkeiten, auf die heute kein Reisender mehr verzichten will oder kann, sind selbstverständlich im Blue Mansion. Nicht ganz so selbstverständlich war, dass die Internetverbindung im Zimmer auch funktionierte. Mit meinem Wunsch nach Optimierung kam ich gegen 17.15 Uhr zu spät – der Techniker hatte Feierabend und stand erst am nächsten Nachmittag wieder bereit; hier stieß der stets freundliche Service ans Limit.

Filmkulisse und Laufsteg

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Außergewöhnliches Design zieht Kreative an. Filmregisseure, Modeschöpfer, TV-Doku-Teams, Eventorganisatoren. Oscar-Gewinner Indochine mit Catherine Deneuve wurde zum Teil im Blue Mansion gedreht; der Thriller des Singapur-Regisseurs Glen Goei von 2009 hieß gleich wie der Drehort: The Blue Mansion.

Im Rahmen des Georgetown Festivals präsentierten populäre asiatische Designer wie der Indonesier Nita Kenzo und Singapurs Ong Shunmugam ihre Kollektionen in der attraktiven Location.

Storytelling

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

45 Minuten dauern die täglichen Führungen durchs Haus für Touristen aus aller Welt. Eine Zeitreise für ca. vier Euro (Erwachsene), Kinder die Hälfte. Dreimal am Tag, immer ausgebucht. 100 Jahre nach dem Tod des Erbauers. Cheong Fatt Sze – bigger than life.

Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff

Fotos: B. Linnhoff, Homepage Hotel Blue Mansion (4), JE TunNel (1)