Missionare brachten sie in den Fernen Osten

Alle Fotos: Peter Weingand

Von Peter Weingand

Alljährlich im November taucht eine Pflanze mit dem klangvollen Namen „Tithonia diversifolia“ ganze Berghänge im Norden Thailands in goldfarbenes Licht. Die Blume hat einen weiten Weg hinter sich, wie ihr landläufiger Name verrät: Mexikanische Sonnenblume.

Zu Recht wähnt man die Pflanze in der westlichen Hemisphäre. Vor Jahrzehnten, so wird vermutet, wurde sie durch Missionare in den Fernen Osten gebracht. Zur Freude der Marketingspezialisten der thailändischen Tourismusbehörde und tausender einheimischer Touristen, die zum Jahresende den kühleren  Norden besuchen. Am Strassenrand, wo sie da und dort zu sehen ist, erweckt sie eher den Eindruck eines verlorenen Gestrüpps. Doch sie kann bis zu zwei oder gar drei Meter in die Höhe wachsen.

„Thailands wilder Nordwesten“, so nennt sich die Region nahe der burmesischen Grenze. Der Slogan mag etwas übertrieben wirken. Und doch weht immer noch ein Hauch Abgeschiedenheit durch das Städtchen Mae Hong Son, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Für die Anfaht aus Chiang Mai sind immerhin 1864  Kurven zu bewältigen, wenn man den Aufdrucken der T-Shirts glauben darf, die am Aussichtspunkt Wat Phratat Doi Kong Mu zu erstehen sind.

Ein paar Kurven mehr sind es bis zum Marktflecken Khun Yuam, der auf einer Hochebene rund 90 km südlich von Mae Hong Son liegt. Meist ist es still im Ort; an November-Wochenenden kann es allerdings schon sein, dass die wenigen Hotels und Gaestehauser voll belegt sind. Khun Yuam ist der beste Ausgangspunkt, um die Blumenfelder zu besichtigen. Der Ort liegt am so genannten „Mae Hong Son Loop“, einer vor allem bei Motorradfahrern beliebten kurvenreichen Bergstraße, die rund 600 km von Chiang Mai über Mae Hong Son und Khun Yuam zurück nach Chiang Mai führt.

Wir kommen am späten Nachmittag an. Die Gasthaus-Besitzerin drängt uns, jetzt noch zum rund 30 km entfernten Berg Doi Mae U Kho zu fahren. Die Zeit des Sonnenuntergangs sei besonders sehenswert. Die Straße windet sich durch kleine Dörfer und schließlich hinauf auf einen Hügelzug, der sicher der fotogenste Ort für die Felder der Mexican Sunflower ist.

Die Anfahrt führt durch einen Flickenteppich von Gemüsefeldern, und nach jeder Kurve wird die Farbe der Sonnenblumen intensiver, die den nach der untergehenden Sonne ausgerichteten Berghang in goldgelbes Abendlicht hüllen. Wir sind auf 1500 Metern über dem Meeresspiegel.

Eine Plattform gewährt den Touristen einen großartigen Blick auf das umliegende Bergpanorama, bis hinein nach Burma. Kleine Treppenwege schlängeln sich quer durch das dichte Blumenmeer und führen hinauf zu einer kleinen Sala und einem Aussichtspunkt. Am Vormittag hebt sich der strahlend blaue Himmel im starken Kontrast zu den Sonnenblumen ab.

Am eindrucksvollsten allerdings bleibt die Zeit des Sonnenuntergangs mit seiner fantastischen Farbpalette. Wir fühlen uns in ein Gemälde von Vincent van Gogh versetzt. Den Meister würd’s freuen.

Zur Person

Peter Weingand (67)

stammt aus Cham in der Schweiz

lebt seit 1991 in Thailand (Bangkok und Chiang Mai)

Inhaber und Geschäftsführer der Reiseagentur Arosa Travel Service in Bangkok

ZItat: „Reisen ist für mich Beruf und Hobby zugleich“