Toey`s Bar hatte schon immer einen multinationalen Touch. Das bleibt nicht aus in einer Stadt, in der viele Expats aus aller Welt leben. Meist treffen sie sich beim kleinsten gemeinsamen Nenner. Beim Bier.  

In den oft verregneten Juli-Tagen kam ein Australier in die Bar, der Leiter der englischsprachigen Fakultät an der University of Chiang Mai. Er traf sich mit seinem Freund Matthew, einem Schotten, der als Lehrer in Saudi-Arabien arbeitet und mit seiner thailändischen Frau auf Heimaturlaub ist. Kaum setzten sich die beiden Männer zwei Masken auf, hatten wir in Toey`s Place ein paar nie zuvor gesehene Gäste mehr und eine Stimmung wie Rosenmontag in Köln. (Oder Düsseldorf, schon gut). Wenige Tage vorher feierten französische Gäste bei uns den WM-Sieg deutlich gefasster.

Vive la France!

Mir hätte der Maskenspaß vollkommen gereicht, aber dann diskutierten diese beiden erwachsenen Kinder über Politik.

Politische Diskussionen in einer Bar halten sich nicht mit Kleinigkeiten auf, da geht es immer ums große Ganze. Ich verzichte auf Details. Eigentlich wollte ich mich an diesem Abend nur ein wenig unterhalten, im besten Fall gar amüsieren. Keine Chance. Immer wieder sollte ich Stellung beziehen zu den globalen geopolitischen Machtverhältnissen. Zur Musik von ZZ Top.

Schließlich fiel der Satz: „Wir brauchen Trump! Er verteidigt die westlichen Werte gegen den Osten!“ Im Ernst. Gesprochen vom Mann mit der Trump-Maske. Da war ich raus.

Wenig später sprangen die beiden Masken-VIPs in unserer halbdunklen, leicht regnerischen Gasse herum und winkten kurz vor Mitternacht mit Erfolg ein paar Versprengte rein. Alle natürlich schön angezündet, sie bestellten fröhlich große Biere. Wenige Minuten später sauste das polizeiliche Motorrad  vorbei. Mitternacht ist offizielle Sperrstunde. Also ließen wir die Rolläden runter und baten unsere Gäste darum, leise zu sein. Genauso gut hätten wir den Everest bitten können, sich ein wenig kleiner zu machen. Schließlich stand der ruhigste Gast auf und fragte: „Nicht mal ein kleines Feuerwerk?“

Ende Juli, die Bar war wegen zwei hoher buddhistischer Feiertage geschlossen, nutzten wir die Zeit zu einem Meeresfrüchte-Gelage. Das relevante Büffet kostet 500 Baht pauschal, ca. 12,50 Euro pro Mund. Die Tigerkrabben, Muscheln, Fische etc. schmeckten vorzüglich. Allein die Austern geben mir heute noch Pfötchen.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Bis zu diesem Tag kannte ich das Restaurant nicht. Es hat die Größe eines Oktoberfestzeltes und zieht inzwischen auch chinesische Touristen an. Sie kommen mit Bussen. „All you can eat“ ist eine Formel, die von Chiang Mais Gastronomen nur noch mit Vorsicht benutzt wird, wenn Chinesen in der Nähe sind. In den ersten Jahren des Chinesen-Booms waren die Wirte froh, wenn zum Ende noch Reste vom Besteck da waren. Werfe mir keiner Rassismus vor, ich stelle nur fest.

Lord Buddha hat Schwein gehabt

Natürlich ist meine kleine Monatsbilanz unvollständig ohne das Thema Thai-Lotterie. Zuletzt gipfelte Toeys Strähne in einem Gewinn von etwa 600 Euro. Bisher platzierte sie ihren Einsatz und den einiger Freunde bei einer befreundeten Bekannten, die das Geld weiterleitete. Wohin auch immer. Diese Bekannte spielte ebenfalls Toeys Zahlen und gewann. Nun hätte sie auch den Gewinn an alle auszahlen müssen. Fehlanzeige. Lasche Ausflüchte. Erst als wir das Thema öffentlich machen wollten und Gesichtsverlust drohte, überwies die Frau die Hälfte des Gewinns. Diesen Teil wiederum zahlte Toey erst einmal an die Freunde aus, die bei ihr gesetzt hatten.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Mitte Juli kam die nächste Ausspielung. Alle platzierten ihre Einsätze nun bei anderen, verlässlicheren Stellen. Doch die Bekannte fragte Toey, ob sie wieder ihre Zahlen spielen könnte. Mit unserem stumpfen westlichen Denkansatz sagte ich zu meiner lieben Frau: „Du wirst ihr doch wohl nicht…“ „Doch“, sagte sie, „erstens möchte ich mich nicht so schäbig verhalten wie sie. Und zweitens: Wenn sie mit meinen Zahlen gewinnt, kann sie mir die noch ausstehende andere Hälfte überweisen.“ Und genau so kam es. Toeys Zahlen schlugen ein wie eine Bombe. Die Bekannte überwies das rückständige Geld, und die neuen Partner zahlten den aktuellen Gewinn aus.  

Zu den Nutznießern zählte einmal mehr auch Lord Buddha. Für einen seiner Tempel richteten die Spielerinnen ein frugales Menü an, mit ein paar nichtalkoholischen Getränken und dem Schwerpunkt Schwein; die anderen Tiere waren schon dran. Auch Buddha kann nun sagen: Schwein gehabt! Für die Bar mit Toey, Pim und Lei sprang ein opulentes Abendessen heraus.  

Wir schalten um zum Fußball. Zur WM ist alles geschrieben und alles gesagt. Mir geht ein Bild vom vergangenen Wochenende nicht aus dem Kopf. Vor dem Spiel zwischen Arsenal (mit Kapitän Özil) und PSG in Singapur warf der Schiedsrichter zur Platzwahl keine Münze hoch, sondern die Kreditkarte eines Sponsors.

Weiter, immer weiter. Ich bin mal gespannt, was der Schiedsrichter in einem Jahr hochwerfen wird. Einen Lamborghini?