Fazit: Das Beste draus machen

Mein Bild des Jahres (Foto Kesorn Toey Chaisan)

Eigentlich wollte ich in den anhängenden Bildern und den folgenden Zeilen nur meine kurze persönliche Jahresbilanz ziehen, u. a. mit der Feststellung, dass Thailand bisher super durch die Coronakrise gekommen ist. Das Stück ist dann doch etwas länger länger geworden. Allerdings längst nicht so lang, wie uns dieses Jahr vorkam.

Es wird zu Silvester keinen nationalen Lockdown in Thailand geben. Noch vor einer Woche wäre diese Meldung nicht nötig gewesen – heute muss sie beruhigen. Denn vor einer Woche meldete eine einzelne Händlerin auf einem Großmarkt für Meeresfrüchte nahe Bangkok Symptome und Ansteckung; seither entwickelt sich der Markt zum Superspreader, auch weil dort hunderte Wanderarbeiter aus Myanmar wirken – in Myanmar wütet das Virus ziemlich heftig, ohne dass man Genaues erfährt.

Wo bleibt das Positive?

Von den wenigen Reisen in diesm Jahr ragten die Zeit auf Koh Phayam mit Klaus Hoeltzenbein und Disco sowie der Nordthailandtrip mit Disco heraus. Hier noch einmal die Erinnerung daran:

Corona: Rabattschlacht statt Besinnlichkeit

Nicht wenige Philosophen, Soziologen und Psychologen sahen im Corona-Stillstand die Chance, dass wir alle mal zur Besinnung zu kommen und in uns gehen. Aber wer weiß schon, wen wir dann antreffen. Da konsumieren wir doch lieber, das hat noch immer für kurze Zeit geholfen. In der Rabattschlacht namens Cyberweek bejubelte Zalando eine Million Neukunden, das Warenvolumen stieg um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Spitzenzeiten gingen rund 7.500 Bestellungen pro Minute ein. – Furchteinflößend.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

In Kürze: Die Diskussionen ums Maskentragen, die abenteuerlichen Argumente drumherum und die Querdenkerdemos haben mir mein Vaterland entschieden entfremdet. Der Kommentarton in den sozialen Medien schockiert mich jeden Tag neu – wo soll die Zuversicht herkommen, die Menschen und mit ihnen die Welt könnten sich zum Besseren verändern? Zumindest ich verändere mich ein wenig. Ich habe nicht vor, Vegetarierer zu werden, aber ich habe meinen Fleischkonsum immerhin um 70 Prozent reduziert. Beim Thema Klimawandel und Naturschutz setze ich darauf, dass selbst die beiden Alten, nämlich Jane Goodall (86) und Sir David Attenborough (94), die Hoffnung nicht aufgeben wollen.

Business Class

So lautete die Überschrift über den Kolumnen des Schweizers Martin Suter über die Welt der Anzüge, Krawatten und Chefetagen – seine feinen Beobachtungen sind auch in Buchform erschienen. Das Thema ist übrigens zeitlos. In einem Branchendienst las ich kürzlich: „Siemens sichert sich die Dienste von Anna-Lena Müller, die den sperrigen Titel Strategic Communications Lead Technology Partnership erhält. Sie kommt von VW, wo sie als Plattform-Strategin im globalen Content-Hub aktiv war.“

So bleibt man auf der Höhe der Zeit. Zumal solche Titel den TrägerInnen eine Bedeutung vermitteln, die Bezeichnungen wie AbteilungsleiterIn einfach nicht sauber hinkriegen. Stell dir vor, deine Partnerin kommt nach Hause und sagt ganz stolz: „Ich bin jetzt Leader Strategic Communications Technology Partnership.“ Wer kann denn dabei ernst bleiben?

Auszeichnung

Da lobe ich mir doch den klaren Begriff Bundesverdienstkreuz. Mein Freund Oliver Wurm ist Ende November damit ausgezeichnet worden. Für seine großartige Idee, das Grundgesetz als Magazin herausgegeben und erstmals lesbar gemacht zu haben. Für sein soziales Engagement generell und für seinen verlegerischen Mut.

Zum 60. Geburtstag Diego Maradonas kreierte Olli mit KollegInnen ein Magazin als Hommage, die selbst Menschen bewegte, die mit Fußball nichts am Hut haben. Wenige Tage nach Erscheinen später starb Diego, und Olli legte umgehend mit einem schwarz-weiß getitelten Nachruf-Magazin („Descanza en paz“ -„Ruhe in Frieden“) nach. Ohne Rücksicht auf Verluste, ist doch klar.

Ein bisschen Spaß muss sein

Abschied

Ich habe mich für Freunde gefreut, die in diesem seltsamen Jahr schwere Krankheiten überwanden; von anderen musste ich mich leider verabschieden. Von Menschen, die mir Freude bereitet oder mich gefördert haben und von Menschen, die ich persönlich nicht kannte, die jedoch mein Leben durch Filme, Musik oder Bücher bereichert haben.

Sehr nahe ging mir der Tod meines ehemaligen Chefredakteurs bei den Lüdenscheider Nachrichten. „Was war denn nun das Besondere an diesem Menschen Jürgen Rittinghaus?“, fragte mein Kollege Willy Finke in seinem Nachruf, und fuhr fort: „Das Besondere war, dass er eben nichts `Besonderes` aus sich machte. Selbst für Understatement war er zu bodenständig. Ein echter Westfale eben.“ Das und vieles mehr könnte ich über Jürgen sagen, der mich als Journalist geprägt hat, mit seinen Fähigkeiten und mit seiner Menschlichkeit. Vor allem aber gab er mir das Gefühl, im Beruf des Journalisten richtig zu sein.

Es ist erst ein paar Wochen her, da kam mein ehemaliger Lüdenscheider Mannschaftskamerad Karl-Erich Faßbender von einer Radtour zurück und fiel tot um. Zwei Tage vorher hatte er mir noch zum Geburtstag gratuliert.

Auch diese Menschen haben mein Leben in unterschiedlichster Form berührt:

John le Carré, Alejandro Sabella, Diego Maradona, Günter Sawitzki, Karl Dall, Sean Connery, Nobby Stiles, Spencer Davis, Herbert Feuerstein, Johnny Nash, Hans Tilkowski, Eddie van Halen, Juliette Grèco, Diana Rigg, der Cartoonist Uli Stein, Regisseur Alan Parker, Hans-Jochen Vogel, Olivia de Havilland, Peter Green, Jackie Charlton, Ennio Morricone, Willi Holdorf, Thilo Prückner, Michel Piccoli, Carl Reiner (Film „Tote tragen keine Karos“), Carlos Ruiz Zafón, Claus Biederstaedt, Christo, Astrid Kirchherr, Jerry Stiller (Arthur in King of Queens), Little Richard, Norbert Blüm, Wolfgang Clement, Leon Boden, Sir Stirling Moss, Charlie Pride, Rüdiger Nehberg, Barbara Rütting, Asterix-Zeichner Albert Uderzo, Kenny Rogers, Max von Sydow, Eberhard Figgemeier, Manfred Althaus, Dieter Laser, Burkhard Driest, Kirk Douglas, Kobe Bryant, Terry Jones (Monty Python), Michael Gwisdek, Papa Douba Diop, Paolo Rossi, Peter „Göcki“ Göckeritz, Günter Kollmann, Dietrich Weise, Claude Brasseur.

Uns bleibt, aus jedem Tag das Beste zu machen.

TIT – This is Thailand: Auch Buddha trägt Maske