„Van Goghs Gemälde einer Sternennacht sieht nicht aus wie die Fotografie einer Sternennacht oder gar wie das bloße Auge eine Sternennacht wahrnimmt; aber dennoch ist es ein großartiges Gemälde einer Sternennacht, und jeder, der es betrachtet versteht, dass es nicht realistisch und doch wahr ist.“

Salman Rushdie

Wenn Bilder über Wände gleiten

Sternennacht

Im August 2020 zeigte das Museum of Digital Art Bangkok Gallery (Moda) eine multimediale van-Gogh-Ausstellung mit 300 Bildern, ohne ein einziges Original. Traditionalisten runzelten die Stirn, und die Gelehrten stritten: Ist das nun Kitsch oder Kunstvermittlung, wenn die Gemälde berühmter Künstler über Wände und Säulen gleiten, untermalt von klassischer Musik?

Doch die Zuschauer in aller Welt strömen, Schülerinnen und Schüler oft, KInder auch. Sie finden spielerisch einen unmittelbaren, emotionalen Zugang zur Kunst, während jeder didaktische Ansatz so oder anders allein das Hirn anspricht: „Van Gogh ebnete den Weg für die moderne Malerei durch seine rhythmische, pastose Malweise.

Nur im Video sehen wir, wie eine Multimedia-Ausstellung statische Bilder in Bewegung setzt. Vincent van Goghs berühmte Sternennacht verwandelt sich in Sternenstaub, in eine eigene Galaxie, wie aufgenommen in diesen Tagen 2022 vom James Webb Weltraumteleskop.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Die Süddeutsche Zeitung nannte die Ausstellungen „bunten Bombast aus Licht, Skulptur und Digitalem, Gefühlsduselei und Kitsch“, Solche und ähnliche Kritiken konnten nicht verhindern, dass Ausstellungen dieser Art weltweit immer populärer werden.

Bevor die van-Gogh-Ausstellung Thailands Hauptstadt erreichte, war sie bereits mit großem Erfolg in Berlin, Moskau und St. Petersburg gelaufen. Auch im Bangkoker Kunsthaus River City war man angesichts der Umstände mit dem Besuch zufrieden; wegen Covid-19 durften sich immer nur 80 Menschen gleichzeitig in den drei Zonen der Ausstellung aufhalten.

Der technische Aufwand war gigantisch: Die 300 Gemälde wurden in grafische Visuals umgewandelt, in ein 360-Grad-Panorama von 3-Meter-Panels projiziert, mit klassischer Musik synchronisiert und auf 500 Quadratmetern in einer 40-minütigen Schleife präsentiert.

Informationswand in der Bangkoker Ausstellung (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Meine erste Multimedia-Ausstellung habe ich 2012 im Art & Science Museum in Singapur gesehen, auch sie war Vincent van Gogh gewidmet. Auf kleinerer Fläche, mit vielen Informationen auf animierten Zeittafeln. In den zwei Stunden damals habe ich das Genie dieses niederländischen Künstlers nicht nur mit den Augen begriffen, sondern erstmals auch gefühlt; eine bessere Formulierung fällt mir nicht ein.

Manche Bilder wurden damals zunächst in der realen Größe der Originale auf die Wand projeziert. Oft schienen sie winzig, aber für diesen Künstler groß genug, um eine ganze Welt zu entwerfen und zu malen. Es war die schönste, beeindruckendste und lehrreichste Ausstellung meines Lebens; vielleicht ist diese Art der Präsentation für Nicht-Fachleute wie mich die nachhaltigste. Erst danach habe ich mir im Taschen-Verlag das Buch „Van Gogh – Sämtliche Gemälde“ gekauft.

Aus der Bangkoker Ausstellung (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Von 1880 bis 1890 schuf Vincent van Gogh 1100 Zeichnungen und mehr als 800 Ölgemälde, u. a. im niederländisch–bäuerischen Ort Nuenen, in Paris und im südfranzösischen Arles.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

„Vincents Schlafzimmer in Arles“ ist eines der berühmtesten Bilder des Malers. Zur Ausstellung in Bangkok wurde es nachgebaut, und die Besucher konnten für Erinnerungsfotos Modell stehen oder sitzen.

Auf Geld und Ruhm wartete van Gogh vergebens

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Vincent van Gogh steht in einer Reihe mit all den Künstlern, die zu Lebzeiten vergebens auf Anerkennung, Geld und Ruhm warteten und nie von ihrem Genie leben konnten. In seinen letzten Jahren litt van Gogh an schweren Depressionen.

Die Umstände seines Todes sind noch immer nicht vollständig klar. Wikipedia:

Am 27. Juli 1890 verließ van Gogh seine Herberge mit Staffelei und Farben, um draußen zu malen. Im Laufe des Tages schoss er sich vermutlich selbst im Freien eine Kugel in die Brust, konnte aber noch zum Gasthof zurückkehren. Die Kugel bohrte sich nicht tief in den Körper, sondern prallte an einer Rippe ab und wanderte in den Bauchraum. Das Einschussloch lag direkt unter seinem Herzen. Die beiden herbeigerufenen Ärzte wollten oder konnten die Kugel nicht entfernen. Vincent starb nach 30-stündigem Todeskampf am 29. Juli im Beisein seines Bruders Theo. Es ist nicht abschließend geklärt, ob van Gogh nicht doch Opfer eines Unfalls geworden sein könnte.

Bild links: Für 82,5 Millionen Dollar (heute rund 70,6 Millionen Euro) erstand ein japanischer Kunstsammler 1990 im New Yorker Auktionshaus Christie’s van Goghs „Porträt des Dr. Gachet“ aus dem Jahr 1890. Es ist bis heute das teuerste je verkaufte van-Gogh-Gemälde.

Don McLean, der Song: Sternennacht – Starry, starry night