Es gab an diesem 2. Juni 1971 noch reichlich Karten an der Abendkasse des Wembleystadions. Siggi Hüneborn, Bernd Michel und ich, Kommilitonen an der Uni Münster, waren für drei Tage mit dem Auto in die englische Hauptstadt gefahren. London reizte uns schon länger, und nun fand dort auch noch das Finale im Europacup der Landesmeister statt. Ajax Amsterdam mit dem noch jungen Cruyff traf auf Panathinaikos Athen, trainiert vom großen Ferenc Pukas.

Im Stadion wurden wir mit einem Stehplatz ganz nah am Spielfeldrand für die lange Anfahrt belohnt, den heiligen Rasen von Wembley konnten wir riechen. Das Spiel war so schlecht, dass ich es schon vergessen hatte, als es noch lief. Nur das Ergebnis blieb in Erinnerung, Ajax gewann mit 2:1. Nach dem Abpfiff sprang Siggi über die Balustrade und riss sich ein Stück Rasen unter den Nagel – vielleicht gießt er den Flecken noch heute.

London war damals schon teuer, erst recht für Studenten. Am letzten Abend wollten wir mit ein paar gelungenen Wetten beim Windhundrennen im White City Stadium unser erschöpftes Budget noch einmal pimpen. Vorsichtshalber legten wir vorher in unserer Absteige das Spritgeld für die Rückfahrt unters Kopfkissen.

Vor dem letzten Rennen des Abends hatten wir immer noch ein paar Pfund in der Tasche. Wie bei den Galoppern, so gibt es auch vor Windhundrennen einen Führring, wo man die Kombattanten aus der Nähe bestaunen kann. Mir stach gleich der Hund mit der Nr. 6 ins Auge. Eine elegante Erscheinung, fast schon arrogant – er ging, so schien es mir, schon hier zu den Konkurrenten auf Distanz. Ich schaute ins Programmheft, das war sein Name:  „Better than Pat“. Alles klar, dachte ich. In meiner Mannschaft in Hamm hatten wir einen echten Zehner, Linksfuß, Passgeber, Torschütze: Horst Koschmieder, genannt Pat. Der Hund also sollte noch besser sein als unser Pat in Hamm! Dazu war er mit meiner Glückszahl bestückt, also gab es nur eins: alles Geld auf die 6!

Das Rennen startete, der mechanische Hase auf der Außenbahn schoss los, die Meute flog hinterher. Und tatsächlich: Better than Pat ging zu den Kollegen sofort auf Abstand. Allerdings aus der falschen Richtung. Nicht nur mir erschien seine Strategie fragwürdig: Er ging. Zu Fuß. Das Rennen war noch keine fünf Sekunden alt, da hatte dieser Windbeutel schon keinen Blickkontakt mehr zum davoneilenden Feld. Um es kurz zu machen: Im Ziel lag „mein“ Hund so weit zurück, dass ihn die Zuschauer für den Sieger des nächsten Rennens hielten. Bis sie feststellten, dass sie gerade das letzte gesehen hatten an diesem Tag.

Das träge Tier wurde später in „Flaute“ umgetauft – der Name Windstille war schon vergeben.