Pattaya – Koh Samet – Bangkok

Im Land des Lachens

September 2008: In ihrer Rede zum 60. Geburtstag ihres Mannes erwähnte Angelika Bruchhagen auch meine anstehende Auswanderung nach Thailand: „Wir werden Bernd dort natürlich besuchen.“ So natürlich fand ich das gar nicht. Im Gegensatz zu seiner Frau findet Heribert Fernreisen so spannend wie einen zweiten Daumen rechts.

Fußball verbindet uns, seit wir schnell laufen konnten. Wir waren Gegner in unserem ersten Spiel bei den Senioren, die Kickstiefel glänzten noch durchgehend schwarz, die Älteren werden sich erinnern. Heri rannte bei der DJK Gütersloh die rechte Außenbahn rauf und runter, ich die linke bei der Hammer SpVgg. Wir waren Stürmer, das Match endete torlos, wir hätten es als Zeichen nehmen können. Vielleicht sind wir uns an der Mittellinie mal begegnet, aber kennengelernt haben wir uns erst später.

Die Mannschaft der Uni Münster 1971

Wir studierten zusammen an der Uni Münster. Bis heute weist mein Ex-Kommilitone auch ungefragt darauf hin, dass er meine immerhin zwei kompletten Semester nicht als Studium im eigentlichen Sinne betrachtet. In der Uni-Mannschaft spielten wir gemeinsam, in diversen Klubs gegeneinander.

Heribert (ganz links) und der Autor (ganz rechts) im Kreis der Uni-Mannschaft Münster – in der Mitte „Horri“ Kemper und Henno Banani

Irgendwann wussten wir definitiv: Für ganz oben reicht es nicht. So investierten wir unsere Energie alternativ: Heri als Lehrer, Trainer, Manager und Vorstandsvorsitzender; ich als Sportjournalist. So begegneten wir uns auch später immer wieder. In der Fußballfamilie, wie sie gerne genannt wird.

Heri für Gütersloh im Einsatz gegen Schalkes Klaus Fischer

Mit gutem Auge hatte Heribert die attraktive Angelika schon sehr früh vom ostwestfälischen Markt gefischt. „Eine für ihn sicherlich gute Entscheidung“, sagt Geli mit dem ihr eigenen strahlenden Lachen. Das feine Lächeln ihres Gatten lässt nicht erkennen, ob er mit dem Urteil einverstanden ist. 

Heris Hoch-Zeit (Foto: privat)

Heris Geburtstagspartys waren die lustigsten und skurrilsten meines Lebens. Den 60. beging der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht in Harry`s holzgetäfelter New York Bar im Lindner Hotel Main Plaza, dort wohnte er auch.

Jürgen Hunke: Ein Buddha nach dem Faupax

Jürgen Hunke hält eine Rede – der Buddha kommt noch

Besondere Aufmerksamkeit galt an diesem Abend der Rede Jürgen Hunkes, Heris Freund aus gemeinsamen Tagen beim Hamburger SV. Würde Hunke wieder eine Überraschung aus dem Karton zaubern? Zehn Jahre zuvor, bei Heris 50. in Halle/Westfalen, hatte Hunke die überwiegend katholische Gästeschar nachhaltig irritiert, als er eine quadratische Kiste auf die Bühne schob, der eine nackte Dame entstieg wie Phönix der Asche.

Die Zeit stand für Sekunden still im Gerry Weber Sportpark Hotel. Das Geburtstagskind saß mit verbundenen Augen ahnungslos auf einem Stuhl, als sich die Dame auf seinen Schoß setzte. Für Angelika das Signal, dem frivolen Treiben ein Ende zu bereiten: „So, liebe Frau“, sagte sie, „Sie gehen jetzt wieder schön zurück in Ihre Kiste und dann ist gut.“

Die Gemeinde ist amüsiert

Nun also, zehn Jahre später und in Frankfurt, entschuldigte sich der ehemalige HSV-Präsident für den einstigen Fauxpas in aller Form „und ohne jede Reue“ (Anmerkung Heirbert). Danach enthüllte Hunke, der einige Jahre seines Lebens auf Koh Samui verbrachte, eine voluminöse Buddha-Skulptur – sein Geschenk. In seiner Dankesadresse schaute der so üppig Beschenkte in Richtung Trainer Funkel: „Friedhelm, ich bin mir ganz sicher, dass wir in den weitläufigen Katakomben der Commerzbank-Arena ein angemessenes Plätzchen für den Erleuchteten finden werden.“

„Scheiße“, murmelte unmittelbar vor mir „Horri“ K., Kapitän unserer ehemaligen Uni-Fußballmannschaft. „Was ist los?“, fragte ich ihn. Er war als nächster Redner dran und zeigte mir sein Geschenk: einen Mini-Buddha.

Nun muss man wissen, dass der oft knochentrockene Ostwestfale Heribert Bruchhagen dem Spirituellen weitgehend abhold ist und eher zur Rehhagel-Fraktion zählt: Er glaubt nur, was er sieht. Und wenn er Buddha sieht, kann er es nicht glauben. Gerne zitiert er auch Altkanzler Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“

Die Party in Harry`s Bar war bereits weit fortgeschritten, da schlenderte Peter B. zum Mikrofon, zu Studentenzeiten torgefährliche Sturmspitze unseres Uni-Teams, Kampfname Henno Banani. Mit der Trompete im Anschlag verkündete er den erwartungsfrohen Gästen: „Ich werde Ihnen jetzt ein Stück auf meinem Instrument spielen. Es mag Leute geben, die da sagen, das Lied passe nicht in diese Zeit und zu diesem Anlass. Ich bin da völlig anderer Meinung.“

Dann setzte er das Instrument an und spielte „Stille Nacht, heilige Nacht“. Es gab liegende Ovationen.

(Update: Henno hat sein Repertoire inzwischen um einen Song erweitert, der zeitlich flexibler einsetzbar ist: Der Mond ist aufgegangen. Wenn er nun in die Runde fragt: „Soll ich euch ein Konzert spielen?“, rufen seine Freunde: Spiel den Mond!)

Start in Sin City

Bunter Abend im Thai Garden Resort

Im November 2013 kamen Angelika und Heribert dann nach Thailand. Zu meinem 65., ein schönes Geschenk. Ein prima Anlass auch, unsere jahrzehntelange Freundschaft zu feiern.

Pattaya hieß die erste Station. Jenes einstige Fischerdorf am Golf von Siam, das in wenigen Dekaden zur „Sin City“ heranwuchs. Eine der Oasen der Stadt heißt Thai Garden Resort, in ihrem vielfach ausgezeichneten Hotel residieren Gerrit Niehaus und seine Frau Anselma.

Gerrit Niehaus (Foto, links) ist einer der engsten Freunde Reiner Calmunds und sein Leben lang der Frankfurter Eintracht zugetan; einst als Gönner, als Verwaltungsratsmitglied und immer als Fan. Also genoss er den Besuch aus der hessischen Fußball-Hauptstadt sehr.

Angelika und Heribert

Nächste Haltestelle: Koh Samet

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Von Pattaya nach Koh Samet war es nicht weit. Wer im weißen Sand dieser beliebten Insel nahe Bangkok nicht entspannen kann, lernt es auch nicht mehr.

Auf Samet feierten wir das Lichterfest Loi Krathong und zugleich die fast 50-jährige Beziehung von Angelika und Heri.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Dinner auf dem Fluss in Bangkok

Nach Pattaya und Koh Samet nun also Thailands Metropole. Mit Freunden kreuzten wir zum Dinner auf dem Chao Praya und enterten anschließend die Skybar des Lebua-Hotels. Am nächsten Tag knatterten Angelika und Heri mit dem Longtailboot durch die Klongs (Kanäle) und bekamen so eine leise Ahnung vom alten Bangkok. Den Abschluss bildeten Wat Arun, Wat Phra Kaeo sowie der Königspalast – Landmarken der reichen Kultur Siams.

Fotos Angelika Bruchhagen, Faszination Fernost/B. Linnhoff

„Eine ungewöhnliche und beeindruckende Reise“, fand Angelika, „so intensiv konnte ich noch keine andere Kultur erleben. Loi Krathong auf Samet hat mich besonders berührt – die Freundlichkeit der Thais, gepaart mit einem bewegenden Fest. Sensationell fand ich die Sirocco-Bar im 63. Stock des Lebua-Hotels. Aber den Gegensatz zwischen dem allgegenwärtigen Luxus – auch in unserem Hotel – und den Eindrücken auf der Fahrt durch die Klongs muss ich erst noch sacken lassen.“

Nach vielen Gesprächen, in denen ich hin und wieder mein Leben in Thailand in höheren Tönen schilderte, überraschte es mich dann doch, dass Heribert mich „im Namen unserer gemeinsamen Freunde“ aufforderte, aus meiner Wahlheimat nach Deutschland zurückzukehren. Da traf er meinen einzig wunden Punkt nach all den Jahren in Fernost – meine Freunde vermisse ich immer noch sehr.

So erbat ich mir nach seiner Aufforderung eine Sekunde Bedenkzeit und sagte: Auf keinen Fall.

Bye Bye Bangkok