Immer im Mai: Affordable Art Fair

Victoria Kovalenchikova wurde 1978 in Weißrussland geboren und lebt seit 2008 in Amsterdam. Kunstkenner ordnen sie als „abstrakte Expressionistin“ ein; die meisten ihrer Exponate kosten maximal 6000 Euro.  Ist das viel? Ist das wenig? Immer gemessen daran, dass ihr Lebenslauf von Ausstellungen und Auszeichnungen in aller Welt zeugt.

Victoria hat sich einen Namen als Malerin und Bildhauerin gemacht; bei manchen Werken mischen sich beide Techniken. Und mit ihrem Preisniveau liegt sie genau richtig, um bei der Affordable Art Fair in Hongkong auszustellen. Denn dort geht es um Kunst, die sich (fast) jeder leisten kann.

Victoria Konalenchikova: „Asien“ (Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Es ist eine Veranstaltung für Kunstliebhaber, die auch gerne mal ein Original erstehen wollen. Doch bei Bildern, Skulpturen, Fotografien geraten die Amateure mit ihrem Budget schnell an Grenzen. Auf dem dauererhitzten Kunstmarkt haben sie nichts verloren und daher auch nichts zu suchen. 63,7 Milliarden US-Dollar wurden 2017 weltweit in der Szene umgesetzt.

Die Chinesen gaben 13,7 Milliarden aus und rangierten damit auf Platz zwei hinter den USA. Die erstaunlich große Schicht der Reichen Chinas investiert entweder spekulativ in Kunst oder kauft sich Kultur. Chinas Sonderverwaltungszone Hongkong wuchs, beflügelt durch massive Steuerbegünstigungen, in nur zehn Jahren zum globalen Drehkeuz für Kunst. Die Art Basel Hongkong ist die prestigeträchtigste Ausstellung, aber nur eine von vielen.

Octopussy (Fotos: Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Wie alle Ausstellungen, so will auch die Affordable Art Fair von ihren Besuchern nur das Beste: ihr Geld. Aber sie ist nicht gierig; in der preiswertesten Kategorie finden sich Originale für unter 300 Euro. Alljährlich im Mai gastiert die Messe im Hongkong Convention and Exhibition Center, mit Blick auf den berühmten Victoria Harbour. „Museen sind Friedhöfe“, sagt Bob Dylan, „Kunst gehört an die Wände von Restaurants, in Geschäften, auf Herren-Toiletten. Kunst sollte dort sein, wo Menschen abhängen.“

Bei unserem Besuch 2018 hingen auf der Messe sehr viele Menschen ab. Wir genossen einen quicklebendigen Nachmittag; viele Einheimische waren da, ganze Familien oft, denn auch die Kinder kamen auf ihre Kosten – als Kleinkünstler. 

Ich weiß nicht, wieviele Galerien es gibt auf der Welt und wieviele Künstler, die von ihrer Kreativität leben können. Gut gelauntes und zahlreiches Publikum sorgt für Atmosphäre, aber noch nicht für Umsatz. Auf der Affordable Art Fair genügte ein interessierter Blick, und schon zogen uns Galeristen oder KünstlerInnen ins Gespräch. Der Wettbewerb ist hart, auch oder vielleicht gerade bei der preiswerten Kunst. Denn was ist sie wirklich wert? Hunderte Millionen Dollar für einen Picasso sind leichter zu erklären als 6000 Euro für eine Victoria Kovalenchikova.

Die horrenden Preise für die Weltstars habe ich immer als surreal empfunden. Doch die Werke sind das wert, was ein Käufer zahlt. Zu gerne würde ich mal erleben, wieviele Experten achtlos an einem unbekannten Werk von Gerhard Richter vorbeilaufen würden, wenn es mit einem anderen Namen und für 357 Euro annonciert würde.

Übers Jahr verteilt, zieht die Affordable Art Fair von Kontinent zu Kontinent. Sie findet ihr Publikum in London, New York, Stockholm, Amsterdam, Melbourne; im November erfreut sie die Kunstfreunde in Hamburg. Ausstellende Künstler und Galerien wechseln je nach Ort; am Schauplatz Hongkong dominieren naturgemäß asiatische Künstler und mit ihnen asiatische Motive.

Fotos: Faszination Fernost/B. Linnhoff

See you in Hongkong

Bis zum nächsten Mal – Pop goes Hongkong (Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Ein Blick zurück:

Das alte Hongkong in Schwarz und Weiß